- Bürgerkommune Fraunberg -

17.03.2017

Fraunberg / Gemeindezentrum – Unübersehbar wirken sich Veränderungsprozesse in der Zusammensetzung der Bevölkerung auf das soziale Miteinander und die soziale Struktur unserer Kommunen - gerade im ländlichen Raum aus. Jugendliche sind hierbei ein entscheidender Standortfaktor, den es gilt zu fördern und zu erhalten.

Das Netzwerk Nachhaltige Bürgerkommune Bayern hat zu diesem Thema innerhalb seiner Kommunalzirkeltreffen eine Auftaktveranstaltung in Fraunberg: <„Jugend in der Kommune“ - Wie sehen junge Menschen ihre Situation?> veranstaltet. Aus ganz Bayern sind hierzu Teilnehmer angereist, die weitesten kamen aus Mellrichstadt in Unterfranken.

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Foto: R.H.

Bürgermeister Hans Wiesmaier hieß knapp 70 Gäste im Bürgersaal des Gemeindezentrums herzlich willkommen. Besonders freute er sich über die Teilnahme von Staatsministerin Ulrike Scharf, MdL, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, die bei dieser Gelegenheit bekräftigte, das ihrem Ministerium untergliederte Netzwerk Nachhaltige Bürgerkommune weiterhin zu fördern und zu unterstützen.
Bürgermeister Wiesmaier betonte: „Die Jugend liegt uns besonders am Herzen“ und unterstrich die Wichtigkeit dieser Thematik mit Zahlen aus dem näheren Umfeld. Im Sozialhaushalt des Landkreises Erding sind in diesem Jahr über 50 Millionen Euro für soziale Sicherung eingeplant.

Geleitet wurde der Gedankenaustausch von Danielle Rodarius vom Zentrum für nachhaltige Kommunalentwicklung in Bayern sowie Dr. Klaus Zeitler vom Sozialwissenschaftlichen Institut für Regionale Entwicklung.
Rodarius stellte voran, dass die anwesenden Gemeinden wohl eine unterschiedliche Ausgangslage aber viele gemeinsame Probleme hätten und sah das Treffen als „Plattform für die Verbreitung guter Beispiele“. „Die Veränderungen in der Gesellschaft und die daraus resultierenden Probleme wollen wir aufgreifen und diskutieren“, meinte die Veranstaltungsleiterin.

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Danielle Rodarius

Zeitler erinnerte an die Tatsache, dass die Jugend einmal die Mehrheit hatte und sich die Alterspyramide durch die immer älter werdenden Menschen ins Gegenteil verkehre. „Der heutige Tag soll deshalb auch dazu dienen, dass wir den jungen Leuten ein Wort geben“, meinte der Soziologe und mahnte „junges Denken“ an.

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Dr. Klaus Zeitler

Staatsministerin Ulrike Scharf nannte in ihrem Grußwort die Jugendlichen, den „wichtigsten nachwachsenden Rohstoff unseres Landes“. Sie prognostizierte, dass es für eine gesunde Entwicklung von entscheidender Bedeutung sein werde, wie es den Kommunen gelingt, die jungen Menschen in ihrer Gemeinde zu halten. Dabei sei es enorm wichtig, so die Ministerin, die Jugendlichen an den Ort zu binden, an Entscheidungen zu beteiligen um sie so zu motivieren. „Die Jugend hat Heimweh nach der Zukunft“, zitierte Scharf den französischen Dichter und Philosophen Jean-Paul Sartre und drückte damit aus, dass gerade diesem Klientel ein generationenspezifisches Bedürfnis nach „Entwicklung“ zugesprochen werden muss.

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Staatsministerin Ulrike Scharf

Über Bleibeorientierungen Jugendlicher im Landkreis Neumarkt i.d.OPf. und Ergebnissen aus einer landkreisweiten Jugendbefragung im Landkreis Neumarkt berichteten Daniela Herbrecher, Jugendhilfeplanerin, Landkreis Neumarkt i.d.OPf. und Sabine Niedermeier als eingebundene Soziologin.

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v.l.
Sabine Niedermeier und Daniela Herbrecher

Herbrecher machte deutlich, dass Jugendarbeit in Bayern eine kommunale Pflichtaufgabe sei. Sie appellierte an die Verantwortlichen in den Kommunen, Jugendhilfeplanung als Steuerungsinstrument heranzuziehen. Mit ihr könne man örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abstimmen und den Bedürfnissen und Interessen junger Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen.

Niedermeier stellte das Ergebnis einer Befragung 3960 Jugendlicher zwischen 12 und 16 Jahren im Landkreis Neumarkt i.d.OPf vor. Eine der zentralen Fragestellungen hierbei war: „Wenn du erwachsen bist, möchtest Du dann in Deiner Heimatgemeinde/- stadt bleiben?“. Auffallend war hier, dass ein unübersehbarer Zusammenhang zwischen Identifikation mit der Heimatgemeinde (z.B. durch Vereinszugehörigkeit) und der Antwortmöglichkeit „ja, auf jeden Fall“ mit 44,8% gegeben war. „Jugendliche haben ein Gespür, ob sie in ihrer Heimatgemeinde wahrgenommen werden“, mahnte Niedermeier und gab den Verantwortungsträger den Auftrag, ausreichend Angebote für die Jugend zur Verfügung zu stellen.

Seine Erfahrungen aus fünf Podiumsdiskussionen von Jugendlichen vom Land mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft als Zuhörer, legte Christoph Schattleitner aus Wien dar (*1992, Editor bei VICE Austria).

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Christoph Schattleitner

Die Themenfelder waren hierbei der Lokalität „Steiermark“ geschuldet und lauteten: Braucht der ländliche Raum ein fast urbanes Zentrum – Profitiert die Jugend vom „Wirtschaftsmotor Tourismus“ – Sind aktive Vereine ein Mittel gegen die Landflucht? – Wie funktioniert Jugendkultur und Diversität im ländlichen Raum?. Interessanter Nebenaspekt seiner Ausführungen war, dass unser Nachbarland an den gleichen Problemen zu knabbern hat wie unsere Kommunen in Bayern. Als Fazit sah Schattleitner es als geboten, dass die „Politik“ auf die Jugend zugehen, sich mit ihr austauschen und Räume für Dialoge und Interessenvertretungen schaffen sollte.

Interessante Einblicke zum Thema kamen vom jüngsten Bürgermeister Bayerns, Michael Bergrab von der Gemeinde Lisberg im Landkreis Bamberg. Mit seinen 24 Jahren, fast selbst noch ein Jugendlicher, konnte er authentisch schildern, wie sich Jugendliche gegenüber früher verändert haben.

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Michael Bergrab

Hierbei spielen Faktoren wie eine neu gewonnene Affinität zu Medien, höhere Mobilität und Flexibilität, erhöhte Ansprüche oder das äußere Umfeld hinsichtlich Familie und Zusammenleben eine entscheidende Rolle. Auch er mahnte an, für „Bleibeperspektiven“ zu sorgen um Jugendliche in ihrer angestammten Kommune zu halten. Feste Verwurzelung in Vereine und in das Landleben, vielfältiges kulturelles Leben, adäquate Arbeitsplätze in erreichbarer Nähe oder Räume zur Verwirklichung und Selbstentfaltung, sah er als Garanten für die Erreichung des Ziels.

„Gelingende kommunale Kinder-, Familien- und Jugendpolitik“, sah Winfried Pletzer vom Bayerischen Jugendring, Referent für kommunale Jugendarbeit und Jugendarbeit in Gemeinden, als „Standortfaktor für Kommunen mit Zukunft“. Als größte Herausforderungen nannte er hierbei die sich verändernde Demografie und die Bewältigung von daraus erforderlichen Änderungen in den Bildungswelten.

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Winfried Pletzer

Auf eine prognostizierte Verringerung des Anteils Jugendlicher von 18 bis unter 21 Jahren von 2009 bis 2025 an der Gesamtbevölkerung (Bayern) um über 35%, muss seiner Ansicht nach reagiert werden. In diesem Falle hätte man vor allem mit dem „Wegzug der jüngeren und qualifizierten Macher seine Probleme, aktive und bürgerschaftlich engagierte Menschen würden Mangelware werden und ein Schwinden des sozialen Zusammenhangs und des freiwilligen Engagements wäre spürbar, so Pletzer. Er sah eine gelingende Jugendpolitik als wichtigen Baustein für eine prosperierende Entwicklung in den ländlichen Kommunen. „In den Familien aber auch in den Kommunen entscheidet sich, ob sich Jugendliche wohlfühlen“, gab der Referent zu denken. Laut einer Erhebung unter bayrischen und südtiroler Jugendlichen stehen hier emotionale Faktoren wie „Heimatgefühl“, „Zusammenhalt“ oder „Zufriedenheit“ ganz oben auf der Liste.

Die anwesenden Gäste hatten nach den Vorträgen Gelegenheit mit den Referenten zu diskutieren. Bei der nächsten Zirkelrunde im Juni soll der Einfluss der digitalen Medien auf Jugendliche thematisiert werden. R.H.

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Die Teilnehmer an der Veranstaltung mit Staatsministerin Ulrike Scharf, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

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