- Bürgerkommune Fraunberg -
16. und 23. Oktober 2017
Fraunberg / Reichenkirchen / Maria Thalheim – Ganz genau wollten sie es diesmal wissen, die Viertklässler aus den Grundschulhäusern in Reichenkirchen und Maria Thalheim, als sie im Rahmen des Heimat und Sachkundeunterrichtes die Gemeindeverwaltung in Fraunberg besuchten. Im Anschluss an die Führung durch die einzelnen Abteilungen, löcherten sie Bürgermeister Hans Wiesmaier bei der obligatorischen „Schülergemeinderatssitzung“ mit Fragen, einige von ihnen brachten sogar unser Gemeindeoberhaupt in Verlegenheit.
„Wie viele Häuser gibt es in der Gemeinde Fraunberg?“ (Maximilian), „Wie alt ist der älteste Einwohner der Gemeinde Fraunberg?“ (Linus) oder „Woher kommt der Name Kämmerer“ (Valentin), konnten sogar von unserem Bürgermeister nicht aus dem Stegreif beantwortet werden. Er versprach den interessierten, aufgeweckten und freundlichen Schülern aber zu recherchieren und ihnen schnellstmöglich die Antworten zukommen zu lassen. Ihre Versiertheit begründeten die Klassenleiterin der 4a, Sonja Wörner und Lehrerin Simone Struve indem sie darauf hinwiesen, dass zu diesem Thema schon eine Klassenarbeit geschrieben wurde.
Noch vor der Sitzung durften die Schülerinnen und Schülern aber die einzelnen Ressorts kennenlernen. Erste Anlaufstelle war der Bereich „Standesamt - Rentenamt - Einwohnermeldeamt - Passamt“.
Zunächst erläuterte Frau Angermaier anhand einer Geburtsurkunde, welche Arbeiten in diesem Bereich bei Geburten, Sterbefällen oder Hochzeiten zu tätigen sind.
Es stellte sich heraus, dass von den anwesenden Kindern der 4a nur bei einem einzigen in Fraunberg seine Geburtsurkunde ausgestellt wurde. „Nur wer in der Gemeinde Fraunberg geboren ist, bekommt auch hier sein Dokument“, erklärte Angermaier.
Um ihre Arbeit anschaulich zu machen, zeigte sie den Besuchern ein Standesamtbuch der Gemeinde aus dem Jahre 1876. Die handschriftlichen Einträge verblüfften die jungen Gemeindebürger, sie konnten von ihnen in der fremden Schrift natürlich nicht entziffert werden. „Heutzutage wird alles elektronisch gespeichert“, erklärte Angermaier, die schließlich die Entwicklung vom handschriftlichen Eintrag über Schreibmaschine bis hin zur Arbeit mit digitalen Medien beschrieb.
Die erforderlichen Vorgänge um das Amtsblatt der Gemeinde Fraunberg wöchentlich aktuell vom Verlag drucken zu lassen, bestaunten die Schüler sehr. „Da steht was über die Vereine drin und wenn einer Geburtstag hat“ wusste Felix zu berichten. Auch das Ausstellen von Gaststättenerlaubnissen, bei Dorffesten und ähnlichen Veranstaltungen war ihm nicht fremd und so ergänzte er ganz souverän „und auch beim Maibaumaufstellen braucht man eine.“
Als ein Highlight stellt sich immer der Bereich des Meldeamtes heraus. Besonders die hinterlegten Bilder der Schülerinnen und Schüler, die ausnahmslos schon vor einigen Jahren gemacht wurden, regten zu Heiterkeit. Georg Neumaier zeigte ihnen die Vorteile der digitalen Speicherung von Personendaten auf, die eine schnelle und einfache Suche nach einzelnen Personen in vielen Kategorien ermöglicht.
Geburtsdatum, Vor- Nachname, Wohnort oder Staatsangehörigkeit sind nur einige der Kriterien nach denen recherchiert und gefiltert werden kann. Als er auf Wunsch der Schüler die Namen der Lehrerinnen eingab, ergaben sich keine Treffer: Beide wohnen außerhalb des Gemeindegebietes.
Herr Neumaier berichtete, dass alle Einträge im Standesamt automatisch an das Meldeamt weitergeleitet werden und er sie unmittelbar zur Bearbeitung vor sich hätte.
Darauf ging‘s zu Verwaltungsleiter Friedhelm Eugel. Dieser schilderte sein Aufgabengebiet und gab Beispielhaft an, dass er mittlerweile schon seit 1983 in der Gemeinde Fraunberg dieses Amt inne hat und schon über 600 Sitzungen auf- und nachbereitet hat.
Seine Zuständigkeit bei der Bauplanbearbeitung erläuterte er anhand des Schulhauses in Reichenkirchen. Auch hier zeigten die jungen Menschen schon einige Kenntnisse bei der Funktion des angegebenen Maßstabs, dem Lageplan und den verschiedenen Ansichten.
Mehrere Pläne zum Reichenkirchener Schulhaus, die den einzelnen Stockwerken geschuldet waren, brachten Alexander ins Grübeln. Als der Verwaltungsleiter diesen Sachverhalt darlegte meinte er besorgt: „Dann braucht man für ein Hochhaus aber viele Zettel!“.
Im Büro des Bürgermeisters wurde das Goldene Buch der Gemeinde Fraunberg bewundert. Viele der dort eingetragenen Persönlichkeiten waren den Schülerinnen und Schülern bekannt und einige erkannten unter den Prominenten sogar Vater, Opa oder Tanten wieder. Uneingeschränkte Bewunderung weckte der Eintrag eines wichtigen chinesischen Gastes, der das Goldene Buch der Gemeinde Fraunberg über eine Seite mit chinesischen Schriftzeichen verzierte. „Kannst du das lesen?“, fragten sie erstaunt den Bürgermeister, der ihnen mit einem großen Augenzwinkern das Grußwort vorlas.
Danach ging‘s zu Kämmerei und Kasse. Kämmerer Stefan Haberl erläuterte am Beispiel „Taschengeld“ seine Aufgabe. „Wisst ihr woher die Gemeinde ihr „Taschengeld“ erhält, fragte er in die Runde und wieder kam eine prompte Antwort. „Die Gemeinde kriegt Steuern, Zuschüsse und Gebühren“, rief ein Schüler und stellte so sein kürzlich im HSU-Unterricht erworbenes Wissen unter Beweis.
Das Prinzip, nicht mehr auszugeben als an „Taschengeld“ eingenommen wird, gilt natürlich auch für die Gemeinde, meinte Haberl und gab so zu verstehen, dass hierfür eine Haushaltsplanung erforderlich ist. In diesem Haushaltsplan sind die Investitionen, Einnahmen und Ausgaben vermerkt, die im Haushaltsjahr anfallen.
Für den die Schule betreffenden Bereich erklärte der Bürgermeister, dass jährlich ca. 80.000 Euro für den Bustransfer und einzigartig als Investition ca. 500.000 Euro für den Mensa Bau an der Maria Thalheimer Grundschule hierin zu finden wären.
Kassenverwalter Hermann Hofer verblüffte mit einem Schrank voller Ordner, indem die Rechnungen und sonstigen Kassenbelege eines Jahres hinterlegt sind. „In den grünen Ordnern sind die Einnahmen und in den roten Ordnern sind die Ausgaben“, führte er an und provozierte gleich die besorgte Frage einer Schülerin: „Und warum sind hier so viele rote Ordner da?“. Hofer erklärte, dass Einnahmen (z.B. in Form eines Zuschusses) meist nur als ein Beleg vorhanden sind, die Ausgaben verteilen sich jedoch meistens auf viele Teilrechnungen.
Aus der Tatsache, dass bei Kasse und Kämmerei ein Gesamthaushalt von etwa 8 bis 10 Millionen Euro bearbeitet und verwaltet werden muss, erklärt sich die Notwendigkeit einer Kassenprüfung. Diese wird jährlich von einem örtlichen Kassenprüfungsausschuss (Mitglieder des Gemeinderates) und einer überörtlichen Behörde (Landratsamt) durchgeführt, gab er den Kindern zu verstehen.
Über Steuern Gebühren und Löhne wussten Frau Feuchtgruber und an ihrer Seite Praktikantin Lisa Lechner zu berichten.
„Jeder der ein Haus oder ein Grundstück in der Gemeinde Fraunberg besitzt, muss Haus- und Grundsteuer zahlen“, berichtete Feuchtgruber. Weiterhin legte sie die Bedeutung des Hebesatzes dar, der in der Gemeinde Fraunberg bei derzeit 350% liegt.
„Und wer zahlt Gewerbesteuer?“, wollte ein Schüler wissen. Feuchtgruber machte deutlich, dass alle Firmen, die im Gemeindegebiet ihren Sitz haben, Gewerbesteuerpflichtig sind. „Es ist eine der wichtigsten Einnahmen im
Gemeindehaushalt, fällt aber erst an, wenn ein jährlicher Ertrag von über 24.500 Euro erwirtschaftet wurde“, erklärte die Fachfrau.
Dass in der Gemeinde Fraunberg für 1000 Liter Abwasser 2,19 Euro Gebühren fällig sind, wussten die jungen Leute schon ganz gut einzuschätzen. Auch zum Preis für unser Wasser hatte ein Schüler eine treffende Erklärung parat: „Wenn man 1000 Liter im Supermarkt kauft, kostet es 300 Euro, wenn man’s aus der Leitung lässt, kostet es ungefähr 1 Euro“.
Vor der Rückfahrt zur Schule und nach der eingangs beschriebenen „Schülergemeinderatssitzung“, gab’s für die aufgeweckten Schülerinnen und Schüler noch eine wohlverdiente Brotzeit.
Übrigens: Das Wort Kämmerer leitet sich vom lateinischen Begriff camera (Kammer), speziell ‚Schatzkammer‘, ab. Als Kammerherr war der Kämmerer früher Schlüsselverwalter der Gemächer und in seiner heutigen Funktion ist er mit den finanziellen Angelegenheiten einer Stadt oder Kommune betraut (Wikipedia).
Text: R.H.