- Bürgerkommune Fraunberg -

Mai 2020

Gemeinde Fraunberg – Am Dienstag, den 28. April 2020 lasen wir im Erdinger Anzeiger: „Flagge zeigen: Ab dem 2. Mai wird eine große weiße Fahne vor dem Dorfener Rathaus wehen. Und nicht nur dort“…Auch andere Gebäude werden weiß beflaggt sein.
Mit der Aktion „75 Jahre- Tag der Befreiung- weiße Fahnen für Frieden und Freiheit“ wollen die Initiatoren Schorsch Wiesmaier und Hans Elas an die Befreiung der Stadt von der Diktatur der Nazis durch die amerikanischen Soldaten erinnern. Dieser Artikel erinnerte mich daran, was meine Mutter über die ersten Maitage 1945 in Fraunberg erzählt hat. An einem der letzten Tage im April, war eine Münchner Bekannte im Schloss erschienen, das bereits mit französischen Kriegsgefangenen, zwei zwangsarbeits-verpflichteten Polinnen, ausgebombten Nürnberger Verwandten und mit von München ausgelagertem königlichem Mobiliar bis unters Dach voll belegt war. Die Franzosen konnten ausländische Nachrichten abhören und wussten deshalb, dass der Einmarsch auch in unserer Gegend unmittelbar bevorstand. Kurz darauf flüchteten auch noch einige Nachbarn in den Keller des Schlosses, weil in der Gegend Schüsse gefallen waren. Als die Münchener Dame das hörte, so erzählte meine Mutter, „raste sie durch das Haus und hängte an den Fenstern zur Straße weiße Betttücher aus.“ Sie bedrängte meine Mutter, den amerikanischen Soldaten auf der Straße mit einer weißen Fahne entgegen zu gehen, weil sie fließend Englisch sprechen konnte. Im Dorf gab es sogar noch den Befehl, die Brücke über die Strogen zu sprengen, um den Vormarsch der Soldaten zu stoppen. Doch es fand sich niemand, der dieses unsinnige Vorhaben ausführte. Plötzlich hieß es: „Sie kommen“. Mutter nahm eine große weiße Serviette und ging damit an die Hofauffahrt. Und da sah sie die Soldaten kommen, zu Fuß, auf jeder Straßenseite, geduckt nach rechts und links sichernd, mit Maschinengewehren in der Hand. Sie schwenkte ihr Tuch, aber die Soldaten beachteten sie nicht und zogen am Schloss vorbei direkt in das Dorf.
Ins Schloss kamen sie erst Tage später. Sie sahen sehr schnell, dass dort nichts zu holen war, nicht einmal die benötigten Matratzen. Auch einen gut gefüllten Weinkeller gab es nicht.
Wie Menschen in Fraunberg, Riding und auf den Höfen der Umgebung diese Wochen der Befreiung, aber auch die schrecklichen Jahre des Krieges und die schweren Nachkriegsjahre erlebt haben, das steht sehr anschaulich in der Fraunberger Chronik.
Eines erfüllt uns bis heute mit Entsetzen. Das deutsche Volk verstand sich seit langem als christliches, zivilisiertes Kulturvolk. Wie war es möglich, dass diese Nazi- Diktatur mit ihrer menschenverachtenden Ideologie viel zu viele Menschen zu solch unvorstellbaren Grausamkeiten und Verbrechen verleitet hat? Erschreckend und beängstigend finden wir es aber auch, dass diese Dämonen aus dem braunen Sumpf schon wieder die Köpfe und die Stimme erheben. Wie kann es sein, dass seit 1990 über 200 Menschen rechtem Naziterror zum Opfer fielen? Wie kann es sein, dass es schon wieder Menschen gibt, die die Nazidiktatur verharmlosen und Hass und Hetze verbreiten? Die schon wieder Unschuldige zu Schuldigen machen wollen für jede politische oder wirtschaftliche Schwierigkeit? Es gilt, Zeichen dagegen zu setzen. In den nächsten Tagen wird auch am Schloss eine weiße Fahne hängen, als Zeichen dafür, wie froh und dankbar wir sind, seit 75 Jahren in Frieden zu leben. Gerade jetzt, in einer erneut schwierigen Zeit, die aber überhaupt nicht mit der Grausamkeit und dem Elend der Kriegszeit vergleichbar ist, können wir nicht dankbar genug für unsere Demokratie sein. Täglich können wir sehen, wie viele Menschen, die in Politik und Gesellschaft auf den unterschiedlichsten Ebenen Verantwortung übernommen haben, sich jede Mühe geben, dieser gerecht zu werden, zu helfen wo sie können, und uns alle mit Bedacht, Verantwortung und in demokratischer Offenheit durch diese Krise zu bringen.
Text: Herdana von Fraunberg

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